Laufen als Life-Saver

 

 

Aber für mich ist das Laufen weitaus mehr als nur ein Sport. 

Das Laufen ist für mich der effektivste Weg meine Emotionen konstruktiv zu regulieren.

 

 

Ich heiße Alex und ich habe eine Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Ein Leben mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung bedeutet ein Leben auf der Gefühlsachterbahn.

Tagtäglich durchlebe ich als Betroffene das gesamte Spektrum unserer Emotionswelt.

Ich empfinde Gefühle mit einer hohen Intensität und diese können sprungartig wechseln.

Damit ICH und nicht die Emotion die Kontrolle über mein Leben behalte und ich meinen Alltag konstruktiv bewältigen kann, war es wichtig, dass ich Mechanismen erlerne, die mir helfen nicht in einen Emotionsrausch zu geraten.

Skills, die und mich immer wieder erden und ausgleichen. 

 

Für mich persönlich ist das Laufen die Methode, die mir IMMER wieder hilft, wenn meine Emotionen die Überhand gewinnen.

Es hilft mir wieder die Kontrolle zurück zu bekommen und meine Gefühle in Balance zu bringen.

 

Wenn ich zum Beispiel so voller Wut bin, dass ich kein klaren Gedanken mehr fassen kann und am liebsten schreien, ausrasten  und alles zerstören möchte, dann ziehe ich meine Laufschuhe an, mache mir laute Musik auf die Ohren und laufe einfach los.

Ich laufe und laufe. Kilometerweit.

Und irgendwann, nachdem ich mich dem Laufen voll hingegeben habe, hört die Wut auf mich zu kontrollieren.

Ich laufe so lange, bis ich merke, dass meine Gedanken nicht mehr springen, sich beruhigen und meine Emotion wieder abflacht.

Denn jede Emotion kommt und geht. Wie eine Welle im Meer.

 

Aber jede Emotion hat auch eine Berechtigung und möchte uns auch etwas mitteilen. Etwas woran wir wachsen können, woraus wir lernen können.

Wenn die Intensität meiner Emotion abgenommen hat und ein Level erreicht, wo sie nicht mehr die Kontrolle über mich hat, dann kann in einen Dialog mit der Emotion treten und fragen, was sie mir mitteilen möchte.  

Meistens hab ich dann nach dem Laufen irgendwelche spannenden Erkenntnisse über mich und mein Leben :D

 

Manchmal heule ich auch während des Laufens. 

 

Das ist häufig der Fall, wenn ich eine starke innere Anspannung habe, die sich dann beim Laufen löst.

Diese  innere Anspannung ist ein weiteres , ganz charakteristisches Merkmal einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.

Sie besteht aus einem Mix von verschiedenen Emotionen und ist nur unglaublich schwer auszuhalten.

Als Betroffener hat man den starken Wunsch alles zu tun, damit diese Anspannung endet.

(Das ist häufig ein Grund, warum zu selbst schädigenden Mechanismen gegriffen wird.

Diese Anspannung fühlt sich so unerträglich an, dass fast alles getan wird, um sie zu beenden.)

 

Auch hier hilft mir das Laufen.

Durch das Laufen löst sich meine innere Anspannung.

Das ist wie ein zu voll aufgeblasener Luftballon, der irgendwann platz. 

So kommen  durch das Laufen dann die jeweiligen Emotionen der Gefühlsanspannung hervor und zeigen sich.

Häufig, wenn sich die Anspannung löst, kullern da dann erst einmal die Tränen.

Aber ich laufe weiter.

 

Laufe, bis sich die Gefühlsknoten lösen.

Laufe, bis die Gefühlswellen verebben. 

Laufe, bis ich innerlich wieder ruhig bin.

Danach folgt dann die Erleichterung:

Ich fühle ich mich einfach großartig!

Wie befreit!

Wie innerlich gereinigt! 

 

Das Laufen hat mir geholfen, die destruktiven Verhaltensweisen von mir zu ersetzten.

Ich greife nicht mehr zur Selbstverletzung, sondern zu meinen Laufschuhen.

 

 

Es gibt für mich wirklich keine bessere Methode der konstruktiven Gefühlsregulation als das Laufen.

Einerseits kann ich dadurch Emotionen akut herunterregulieren, anderseits kann ich so auch vorbeugen:

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass nur 20 Minuten Bewegung am Tag vor einer depressiven Verstimmung schützen.

Ich gehe jeden Tag Laufen oder zum Sport.

Und das mache ich genau aus diesem Grund:

Es hilft mir nicht in eine Depression zu geraten.

 

Ich brauche keine Wettkämpfe oder eine Laufgruppe. 

Ich laufe nicht auf Zeit, versuche nicht schneller oder besser zu werden.

 

Ich laufe nur für mich:

Ich laufe gegen alte, innere, zerstörerische Glaubenssätze und Verhaltensmuster.

Ich laufe gegen die Angst.

Ich laufe gegen die Krankheit als Fessel.

 

Ich laufe nur für mich:

Ich laufe für meine innere Stärke.

Ich laufe für mein Vertrauen in mich und ins Leben.

 

Ich laufe für einen konstruktiven und bereichernden Umgang mit der Erkrankung.

 

Eine psychische Erkrankung muss kein Fluch sein!

Ich bin meiner Erkrankung nicht hilflos ausgeliefert, ich kann aktiv etwas für meine psychische Gesundheit tun.

Es gibt Wege meine Emotionen konstruktiv zu regulieren und die Energie der Emotionen für mich und nicht gegen mich zu nutzen.

 

Laufen ist für mich aktives Meditieren.

Laufen macht mich glücklich.

Laufen ist mein persönlicher Life-Saver.

 

Am 10.Oktober war der jährliche World Mental Health Day.

Für mich ein unglaublich wichtiger Tag im Kampf gegen die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und für mehr Bewusstsein für psychische Gesundheit.

 

Ich habe hier meine Geschichte des Laufens mit Euch geteilt und freue mich damit auch eine ganz wundervollen Kampagne im Rahmen des World Mental Health Day der Laufsportmarke ASICS zu unterstützen:

 

Die #inmyshoes Kampagne !

 

ASICS ist übrigens eine Abkürzung für den lateinischen Ausdruck "Anima Sana In Corpore Sano"  - "Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper "  . Seit jeher weiß  die Firma um die positiven Auswirkungen von Sport auf unsere Psyche und setzt sich aktiv für einen bewussten und achtsameren Umgang mit unserer psychischen Gesundheit dafür ein.

 

Mit der #inmyshoes Kampagne teilt ASICS inspirierende Audiogeschichten im Podcast Format, von Menschen die persönliche Krisen durch das Laufen gemeistert haben!

Ihr könnt in Schuhe der Protagonisten schlüpfen und euch ihre persönliche Geschichte des Laufens anhören.

Ich habe mir einige dieser Geschichten angehört (übrigens auch während des Laufens)und kann sie Euch ans Herz legen!

So berührend und inspirierend!

 

Alle Audio-Geschichten zum anhören findet ihr auf der Kampagnen-Website von ASICS

 https://www.asics.com/de/de-de/mk/in-my-shoes 

 

Schreib mir gerne ein Kommentar:

Was hilft Dir um deine Emotionen zu regulieren? Kannst du das Laufen auch für deine psychische Gesundheit nutzen?

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Bina (Sonntag, 18 Oktober 2020 10:02)

    Ich habe gestern voller Spannung auf deine Ankündigung auf Insta gewartet...und was soll ich sagen, es hat sich gelohnt =)
    Dein Artikel ist wirklich beflügelnd, einfühlsam aber auch aufklärend. Es fasziniert mich, wie du es schaffst BPS zu erklären. Durch dich, schaffe ich es vieles besser zu benennen und den ein oder anderen Skill hab ich mir auch schon zu nutzen gemacht! Danke & mach bitte weiter so ;)

  • #2

    Sonja (Freitag, 03 Dezember 2021 20:27)

    Gerade bin ich über dein Interview gestolpert, auf jetzt.de und mir sind beim Lesen die Tränen gekommen. Ich habe auch schon viele Blogbeiträge geschrieben und ich beschreibe meinen Zustand immer mit den Worten: "...diese emotionalen Stürme fühlen sich an, als würde ein ICE durch meinen Körper rasen." Wir haben so viel gemeinsam: Ich habe auch Psychologie studiert, ich schreibe auch, bin Poetry Slammerin, ich möchte Menschen helfen, die mit ihren verdrängten Traumata zu kämpfen haben und ich laufe ebenfalls - manchmal auch im Rheinauhafen. Wer weiß, vielleicht sind wir schon aneinander vorbeigelaufen ohne es zu wissen... Ich freue mich so sehr, dass ich deine Beiträge entdeckt habe, denn ich werde meine Weihnachts-Pause dazu nutzen, mir nach und nach alles anzuhören und durchzulesen.
    Lieben Gruß,
    Sonja